Twistringen

Twistringen- Eine klassische Fundstelle der Paläontologie

Glossus (Glossus) lunulatus (Nyst, 1835)

(doppelklappig, ein sehr seltener Fund)

von Ludwig Kopp

Teil 1 (Kurzfassung)


Die "Grube Sunder" den Wissenschaftlern und den Sammlern wieder zugänglich zu machen, ist u. a. auch das Ziel des Heimat und Bürgervereins Twistringen. Mit der Eröffnung einer Daueraustellung "fossilia twistringensis" in den Räumen des Strohmuseums im Mai 2007 wurde der erste Schritt getan.

Die Ziegelei Sunder wurde1806 von Franz von Lotten gegründet. Insgesamt wurden nach­einander drei Gruben angelegt. Der Ton aus der Grube drei wurde zur Abdichtung einer Mülldeponie genutzt. 1991 wurde der Abbau aus der Grube zwei eingestellt und die Grube drei rekultiviert. Die Gruben eins und drei und die Grube 2 werden als Fischteiche genutzt.


Jordan, A. (1903) erwähnte erstmalig den Fundort Twistringen und stellt das Alter mit Obermiozän fest.

Gripp, K. (1915) gibt ein Alter von Mittelmiozän an.

Wolf, W, (1926) spricht den Ton als Glimmerton mit mittelmiozänen Alter an. 1938 werden von ihm einige Foraminiferenarten beschrieben und abgebildet.

Gripp, K. (1941) führt auch die Ziegelei Sunder in der Beschreibung der Dingen-Reinbeker-Stufe auf.

Köwing, K. (1956) erstellt in der Grube die erste Profilaufnahme und beschreibt 59 Molluskenarten.

Hinsch, W. (1962) nennt in einer Fossilliste 95 Molluskenarten.

Anderson, H. (1954) behandelt in seiner Arbeit über die Reinbek-Stufe Twistringen sehr ausführlich. Er beschreibt 110 Molluskenarten.

Janssen, A. W. (1972) erstellt die bisher umfangreichste und veröffentlichte Liste über die Molluskenarten. Er nennt 227 Molluskenarten, davon 8 neue Arten.


Bis zur Schließung 1991waren die Gruben das Ziel der Privatsammler. Neben den niederländischen Sammlerkollegen waren es nur sehr wenig deutsche Sammler, die die Grube regelmäßig besuchten. Eine Auswertung des Materials von drei Sammlern ergab folgenden Artenbestand:

Bivalvia: 62 Arten

Scaphopoda: 9 Arten

Gastropoda: 270 Arten

Brachiopoda: 1 Art

Nautilida: 1 Art

Sepiodea. 2 Arten

Elasmobranchia: 31 Arten


Die Fisch-Otolithen wurden von Weiler, W. (1962) und von Menzel, H. (1979) beschrieben.

Bryozoen:

Cupuladria canariensis

Cylyndrophylia duncani

?Cellaria sp.

?Phoceana tubulifera

Lunulites voigti

Reussirella haidangeri

?Wincularia prismatica



Teil 2 (detailierte Beschreibung des Fundortes)


Der Ort Twistringen (Landkreis Diepholz) liegt auf einer flachwelligen, pleistozän geprägten Landschaft, ca. 37 km SW von Bremen, ca. 51 m üNN.

Geologie der Region:

Das Gebiet zwischen Unterweser und Ems liegt im Bereich eines Sedimetationsbecken, das im Oberkarbon angelegt wurde. Seit dem Perm füllte sich das Becken bis 8000 m hoch mit Sedimenten auf. Tektonische Bewegungen während der Oberkreide führten zum Salzaufstieg. Dadurch entstanden in den Schichten des Jura und der Unterkreide größere Erdöllagerstätten.

Weitere Meeresvorstöße erfolgten vom Oberpaläozän bis zum Eozän, im Oligozän und mehrere kleinere im Neogen.

Geologie im Grubenbereich:

Oberflächlich läßt sich eine weichselzeitliche Ablagerung in Form von Flottlehm nachweisen. Bis zu 3 m Tiefe ist Geschiebesand -lehm und -mergel vorhanden. Das liegende wird von Rinnen in OW-Richtung durchzogen deren Füllung aus pleistozänen Sanden und umgelagerten Sedimenten des Paläogen/Neogen bestehen und bis zu einer Tiefe von 10 bis 15 m reichen. Der folgene Tonkomplex ist schluffig und leicht sandig ausgeprägt. Ab 20 m (31 m üNN) verzahnt sich der Tonkomplex mit Braunkohlensandlagen.


Der Tonabbau hat eine lange Tradition und wurde vermutlich schon vor 300 Jahren betrieben. Von den ehemals betriebenen Gruben (30) im Landkreis blieb nur die "Grube Sunder" als Tagesaufschluß erhalten. Sie bot für einen langen Zeitraum die Möglichkeit, diese interessanten Schichten des Neogen bis zu Schließung des Betriebes 1991eingehend zu erforschen. Insgesamt wurden auf dem Betriebsgelände nacheinander 3 Gruben angelegt. Die erste Grube I, vermutlich auch der Ort der ersten Fossilbeschreibungen, bestand seit 1880 (lt. Köwing 1956 ab 1806) bis 1968. Die Zweite Grube II blieb bis zur Schließung des Betriebes zugänglich. Die dritte Grube III wurde 1996 von dem neuen Eigentümer , die AVG Bassum, angelegt. Der Ton wurde zur Abdeckung einer Mülldeponie verwendet.

Die Situation zur Zeit des Reinbekium stellt sich lt. palynologischer Untersuchung von Glenn G. Fechner & Ralf Appfel (Berl, geowiss. Abh. (A) 124, 71 - 99, Berlin 1990) gekürzt und zusammengefaßt wie folgt dar:

Bei den Sedimenten der "Grube Sunder" handelt es sich im neritische Ablagerungen, die in einem warm-gemäßigten Klima bei normaler Salinität entstanden. Außerdem ist der Einfluß (Brackwasser) einer nahegelegenen Flußmündung feststellbar.

Das Profil der Gruben wurde durch Bohrungen und anderen Mitteln mehrfach aufgenommen. Nachstehend wird das Profil lithologisch (FECHNER & APPFEL, unterhalbl der pleistozänen Ablagerungen und des Ziegeleischutts) und das biofazielle Profil von HINSCH nebeneinandergestellt.

P r o f i l

Durch tektonische Einflüsse (siehe vorher) streichen die Schichten 25 Grad NE - SW aus und fallen um 7 Grad nach NW ein. Profilbeschreibung nach Glenn - Fechner - Appfel, geändert und mit Bemerkungen ergänzt.