2008-03 / Otolithen

und ihre Bedeutung in der Paläontologie

von Herbert Menzel / März 2008

Die Otolithen (Gehörsteine von Fischen) haben einmal eine Hörfunktion, die nach FARKAS (1958) größer ist als im allgemeinen angenommen wird, und zum anderen eine Gleichgewichtsfunktion. Bei den Otolithen handelt es sich um kalkige Konkretionen, die aus ca. 95 % Calciumcarbonat bestehen und sich durch eine große Beständigkeit gegen Verwitterung auszeichnen, diese ist so groß, daß sie den Verdauungsvorgang bei Möwen, Seeschwalben usw. gut überstehen und in den Gewöllen gefunden werden (MARTINI 1964).


Bei den Fischen befindet sich beidseitig, spiegelbildlich hinter den Augen das Labyrith mit drei Otolithen (Gehörsteinchen), wobei die Sagitta im Saculus der größte und zur Bestimmung mit seinen markanten Merkmalen der brauchbarste Otolith ist. Eine der wenigen Ausnahmen bilden unter anderen die Familie Cyprinidae (Karpfenfische), bei denen sich der größte Otolith, der Asteriscus in der Lagena befindet (Abb. 1).

Die Morphologie der Innenseite eines Otlithen, wie sie von KOKEN (1884) aufgestellt und von WEILER 1942 ergänzt wurde, ist in der Abb.2 dargestellt. Die dort gezeigten Merkmale sind jedoch nicht bei jeden Otolithen vorhanden. Sie können z.T. fehlen oder durch Abrollung bzw. Erosion nur noch undeutlich sichtbar sein. Die Außenseite ist in ihrer Morphologie wesentlich einfacher gestaltet, sie kann glatt, mehr oder weniger gerippt oder höckrig sein. Der Ventral- und Dorsalrand kann ebenfalls glatt, gewellt, gezähnt, gebuchtet oder gelappt sein.


Um die fossilen Otolithen der entsprechenden Ordnung, Familie bzw. Gattung zuordnen zu können ist, ist ein vergleichen mit rezenten Otolithen nötig; den die Form einer Ordnung, Familie und Gattung wird durch mehr oder weniger markante Merkmale bestimmt, die sich im Verlauf der Entwicklungsgeschichte wohl ändern, jedoch im allgemeinen nie grundlegend. Die Variabilität einer Art kann jedoch sehr beträchtlich sein, wenn man die verschiedenen Stadien - von der juvenilen bis zur adulten Form - mit berücksichtigt. Zur Bestimmung sind die Otolithen mittlerer Größe am besten geeignet. Außer den in Abb. 2 genannten Merkmalen ist zur Bestimmung der Otolithen das Verhältnis < Länge : Höhe > und < Länge : Dicke > von Wichtigkeit. Der Idealfall ist, wenn Otolithen in situ gefunden werden, so daß die Merkmale von Skelett und Otolithen verglichen werden können, wie z. B. bei MARTINI (1988).


Die ältesten Otolithen sind aus dem Perm, weitere aus dem Jura und der Kreide bekannt, die häufigsten Funde stammen jedoch aus dem Tertiär und sind - mit Einschränkungen - zur Stratigraphie verwertbar. Zusätzlich lassen sich, im Vergleich zum Lebensraum rezenter Fische, ökologische und bathymetrische Vergleiche anstellen. Damit ergänzen sie in Verbindung mit fossilen Mollusken, Foraminiferen und Ostracoden die Vervollständigen das Lebensbild vergangener Zeiten.

Abschließend einige Hinweise zur Nomenklatur: Otolithen, die man einer Gattung zuordnen kann, werden nach der binominalen Nomenklatur mit dem Gattungs- und Artnamen z.B. Clupea testis KOKEN 1891, benannt (Abb. 3). Zum Vergleich wird ein rezenter Otolith von Clupea harengus LINNAEUS 1758 (Hering) abgebildet (Abb. 4). Otolithen die nicht mit Sicherheit einer Gattung zugeordnet werden können sondern nur eine Zuordnung zur Familie möglich ist, werden in offener Namengebung beschrieben. Dabei ist bei Otolithen folgende Praxis üblich, vor den in Frage kommenden Familienamen wird „genus" und dahinter anstelle „idae" idarum gesetzt, zum Beispiel: genus Trachichthyidarum quadrum MENZEL 1986 (Abb.5). Hierbei handelt es sich um einen Otolithen der zur Familie Trachichtyidae gehört, sich jedoch keiner bestimmten Gattung wegen fehlenden rezenten Vergleichsmaterial, zuordnen läßt.

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