2020-01/ Schollentektonik und Biostratigraphie -

Tarmstedt und Lamstedt

Während der Eiszeit wurde Norddeutschland mit dem Schutt der Gletscherströme bedeckt. Damit wurden die Ablagerungen der vor Millionen Jahren erfolgten Meeresüberdeckungen unseren Blicken entzogen. Der Zechstein hat in Norddeutschland großflächige Salzstrukturen hinterlassen. An den Stellen der Salzstöcke wurden die oberflächlichen Schichten angehoben oder durchstoßen. An diesen Stellen waren damit die Sedimente der vergangenen Meere, in der Regel Ton, zugänglich. An diesen Stellen finden wir die früher so häufigen Ziegeleien, wie Westerholz, Scheeßel, Sottrum, Walsrode, Steimke, Bassum, Twistrigen, Höhligen, Woltrup und Ohrte. Der rote Backstein der Norddeutschen Architektur hat seine Bedeutung verloren und damit das Sterben der Ziegeleien eingeleitet. Wie ein Hobel überfuhr das Gletschereis die Landschaft und transportiete tonnenschwere Steine (Findlinge) und ganze Erdschollen der ehemaligen Meeresüberdeckungen. In diesen Erdschollen finden wir auch die Organismen, die zu dieser Zeit im Meer lebten. Eine eindeutige Aussage über die vorkommenden Arten verspricht nur das originale Anstehende oder durch Bohrungen gewonnene Erkenntnisse. Anhand dieser Organismen versucht die Biostratigraphie eine chronologische Einordnung. Dazu dienen Leitfossilien, die nur in einer bestimmten Zeitspanne (hier Stufe) lebten und weit verbreitet sind. HINSCH 1977 listet Mollusken auf, die in einer bestimmten Stufe (Zeitabschnitt) leitend vorkommen. Er weist der Gattung Aquilofusus eine große Bedeutung zu. KARL GÜRS, Meyniana 53, 2002 unterteilt die Stufen in Nassaridenzonen. Oberflächennah finden wir in Norddeutschland Sedimente des Neocoms, getrennt nach den Stufen Hemmorium (15,5 - 19,25 Ma), Reinbekium (12,5 - 15,5 Ma), Langenfeldium (9,75 - 12,25 Ma) und Gramium (7,9 - 9,75 Ma). Ende der achtziger Jahre wurde in der Sandgrube Lamstedt eine artenreiche Molluskenfauna erschlossen (Menzel undGeorge, Abh. Naturw. Verein Bremen Nr. 40, 1984). Der Verfasser konnte selbst unmittelbar nach der Entdeckung, zahlreiche Mollusken sammeln. In dem Material hat er auch Arten gefunden, die chronologisch nicht in die Einstufung der Arbeit von 1984 passen. Es sind Chicoreus aquitanicus (älter 1 Ex.), Aquilofusus festivus (konform, 6 Ex), Narona rothi und Sipho gregarius distinctus (jünger je 1 Ex). Menzel und George deuten die Fauna in das Alter Reinbekium und erklären Abweichungen als eiszeitliche Umlagerungen.

Ene Besonderheit eiszeitlicher Verlagerung finden wir in der Tongrube Lamstedt bei Rhade. Dei Grube erschließt im Anstehendem (Scholle ?) die Epoche Eozän. Die Grube wird von der Firma LECA zur Herstellung von Blähton genutzt. 1990 wurde eine sandig/tonige Linse von 2 Kubikmeter entdeckt (Menzel, George und Schieck, Aufschluss Nr. 45, 1994), die über 100 Molluskenarten enthielt. Das Alter wurde von den Entdeckern als Hemmorium mit Übergang zu Reinbekium angegeben. 2019 wurde in der Grube eine kleine Stelle vertieft und der Abraum am Rande abgelegt. Der Verfasser konnte aus dem Aushub 84 Molluskenarten auslesen. Alle Arten sind der Gramstufe zuzuweisen. Am Rande der Grube, unterhalb des Mutterbodens befindet sich ein Muschelband mit der Muschel Hiatella arctica aus der Weichsel-Kaltzeit.

Die Grube Lamstedt stellt sich somit als einzigartiges Modell eiszeitlichen Wirkens dar.

Krebs Xanthopsis 40 mm

Hiatella arctica 27 mm

Grube Lamstedt